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Ravage (8b+/8c)

 

Bisher 3 Kommentare zu "Ravage"Hochgeladen von: Grishan
09.09.2002 - ch.frickAdmin
Lieber Olivier - Von diesem Trick träumen alle, die jemals an Ravage gebastelt haben.
Nur,...dieser Trick existiert leider nicht, es sei denn, man ist bereit der Kälte zu strotzen und seine Versuche im Winter zu machen: Da ist das Wasser im Fels gefroren !
Phillipe Steulet hat dies vorgemacht, er kletterte die Route im Februar. Ganz begeistert war er über den gefrorenen Zustand der Leiste, welche man mit der rechten Hand - nach dem weiten Blockierzug über´m 4. Bolt - erwischen muss.
Ein Nässephänomen an jener Leiste, welches Ende der Achtziger Jahre zum Standard gehörte, dass aber heutzutage fast gar nicht mehr auftaucht.
Überhaupt habe ich in den letzten Jahren beobachten können, dass sich die neuralgisch feuchten Stellen verändert haben. Zum Beispiel gab es im Quergang unter dem sloperartigen Griff, den man nach dem Kreuzzug pressen muss (sollte), die charakteristischen, sogenannten "Zwei Augen". Diese habe ich in den letzten drei Jahren gar nicht mehr gesehen.
Dafür quellen seit Neuestem aus den Löchern im oberen Teil links und rechts komisch schwarze Flecken aus dem Fels.
So unterliegt auch diese Route dem Wandel der Zeit, sie verändert zwar ihr Gesicht, bleibt aber meist ein feuchtes Loch.
Wenn du ganz viel Pech hast, gibt es Jahre, inwelchen du fast gar nicht an der Route arbeiten kannst, eben nur deshalb, weil sie dauerfeucht ist. Verheerend anzusehen war Mitte der Neunziger Jahre eine Langzeitnässe, die zu eigenartiger, grünlicher Moosbildung führte. Diese ist Gottseidank wieder verschwunden.

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit zu einigermassen guten Bedingungen zu kommen: Der Wind ! Es gibt manchmal Momente unter der Route, wo ein sagenhafter "Jetstream" die Felsen perfekt trocknet. Dieser Wind wird in der Nordwestschweizals "Bise" bezeichnet. War diese Bise im Wetterbericht angekündigt, verursachte dies bei mir sofort äusserst nervöses Verhalten und feuchte Finger. Das ist eben der Moment, den man abpassen muss.
Entscheidend ist auch das Beobachten des Mikroklimas: Besonders fies ist die Tatsache, dass die Feuchtigkeit meistens erst 1 Woche nach Regenfällen durch den Fels drückt, dieser Umstand ist besonders dann deprimierend, wenn man bei schönstem Wetter hoffnungsvoll ´gen Fels schreitet. Ich erinnere mich gut, wie oft ich schon 50 m vor Erreichen des begehrten Zieles auf den Absätzen kehrt machte !
Wichtig ist auch die Lufttemperatur. Auf jeden Fall führen kühlere Temperaturen unter 18° C zu annehmbaren Verhältnissen, darüber sorgt der Sonneneinfluss in dem kleinenTal für einen Saunaeffekt, welche die Feuchtigkeit des moderigen Waldes an der kühlen Oberfläche der überhängenden Felsen kondensieren lässt. Nicht umsonst gibt es die berühmte Redewendung von der "Hure-schliffi am Chuenis"

Die nächste Möglichkeit istdie der Gewöhnung an die Umstände: Man lerne die Bedingungen der Feuchte und des Schmierigen zu akzeptieren - auch im Bewusstsein des erhöhten Kraftaufwandes und der Anstrengung.
Dass die Einstiegszüge über den Linksbogen zu 70 % nass sind gehört zum Game; und es war bei mir - wie auch bei anderen Aspiranten ebenso - ein in den Bewegungsablauf einstudiertes Abschmieren der Hände an der Hose und automatisiertes Nachchalken zu beobachten.
Die klassische Nasse-Rechte-Hand-Abschmier-Aktion ist diejenige bei dem Schulterzug linker Arm und Weitergreifen der rechten Hand zum Kreuzug-Griff direkt oberhalb des zweiten Haken.

Das Gewöhnen an diese Bedingungen bescherte wenigstens den Locals den Durchstieg - so auch mir, der bewiesen hat, dass auch schwächereGeschöpfe auf diesem Planeten bei exakter Einstudierung und Akzeptanz der Nässe die Umlenkung einhängen, ohne es auf dem Weg dorthin den zum Teil aus den Löchern fallenden Tropfen nachgemacht zu haben.
Die andere Variante ist, dass man die Bedingungen ignoriert und mit der ungeheuren Kraft, welche die bishergen Nicht-Local-Begeher aufwiesen, die Route trotz Schleim klettert.

Das zur Nässe im Chuenisberg. Noch was: Wenn kein Atlantik- oder Mittelmeertief uns den Herbst versaut, lautet mein GeheimtippKTOBER ! Du wirst mich dann auf jeden Fall dort hinrennen sehen, denn das SUPERRAVAGE, die Variante nach rechts - heute Enfant de Bôheme genannt - ist ein so wunderbares Bijoux.
Tja, dass es Möglich ist, soviel über Nässe zu schreiben...

Gruss - nicht nur ins Elsass und Olivier Unbekannterseits - Christian
09.09.2002 - ofAdmin
Gestern war Ich mit Freunde im Ravage und Enfants de Boheme und auch im Appel de la Foret. Der Anfang war nass, aber oben war es nur ein bissen feucht. Gibt es ein Trick damit sicher sein die Route trocken zu finden ?

Olivier (Strassburg)
25.06.2002 - ch.frickAdmin
RAVAGE
- KLASSIKER AM LIMIT (…wobei der Begriff vom Limit hier allmählich schon etwas anachronistisch klingt)
- und anschliessend ein Versuch einer ANALYSE DES SCHEITERNS an der Route

Ravage stellt im Basler Jura den Mega-Mythos-Klassiker.
1986, für die Dauer von über einem Jahr, zählte sie als schwierigste Route der Welt. Von diesem Superlativ wurde sie dann von Wallstreet im Frankenjura abge- und erlöst.

Ravage ist eine Route, die weniger zum Anschauen schön ist, obwohl ihre Linie durch die Löcher ideal ist. Die Kletterei hingegen ist ein Faszinosum. In etwa alles, was den Begriff Klettern mit seinem Bewegungsrepertoire ausmacht, kommt in den 15 m vor.
Den Start bildet ein flacher, aber grosser Griff (den kleine Kletterer nur mühsam erreichen) und eine nachfolgend 4 m lange Sequenz an Schuppen (oft feucht) die in einer Halbmondförmigen Linie bis zum Quergang führt (6c+). Direkt über dem 2. Bolt gibt es einen heiklen, flachen Griff, an welchem man meistens einen spektakulären Kreuzzug praktiziert. Das Auflösen ist schwierig (bis dahin auch Variante über schmerzhaften Untergriff-Einfingerklemmer). Technisch komplizierte Züge führen zur Lochreihe (bis hierher bereits 8a).
Am 4. Haken folgt ein sehr athletischer Zug von einem Drei- resp. Vierfinger-Seitgriff linke Hand zu einer abschüssigen Leiste rechte Hand. Danach präziser Schnapper nach links. Eine wunderschöne Sequenz bringt einem zum 5. Haken (bis dahin ca. 8b). Danach folgt eine weitere Boulderstelle, die mittlerweile 4 Varianten aufweist (bis dahin 8b+). Um die Kante folgt ein Zug von einem nicht guten, nicht schlechten Loch für die rechte Hand zu einem guten Klemmer für die linke. Dieser Klemmer muss perfekt erwischt werden. Dabei ist der linke Fuss im grössten Loch am 4. Haken verklemmt. Fallen verboten, sonst schöne Grüsse von den Bändern am Fuss !!
Die letzte Züge laufen über perfekten Fels zu einem waagerechten Band (Schlussgriff – bis dahin 8b+/c oder 8c ? Zur Bewertung siehe gleich hier unten…).

Die Bewertung ist umstritten. Ursprünglich 8c, wertete sie Wenzel nach der Zweitbegehung auf 8b+ ab (die Gründe dürften in Wenzels Haltung gegenüber Antoine zu suchen sein - vergl. auch meinen Aufsatz unter Wall/Pelzli). Früher muss allerdings der Quergang wesentlich einfachergewesen sein. Durch das Trocknen der oft nassen Griffe mit einem Bunsenbrenner wurden diese aber zerstört und verkleinert, zudem brachen gute Tritte weg.
Zur Bewertung einige Kommentare von Wiederholern:
Ditter Phillipe Steulet: „8b+ Speciale“.
Viertbegeher Francois Legrand: „Wenn Ravage 8b+ ist, dann habe ich gerade meine erste 8b+ geklettert“.
Fünfter und Sechster: „8b+/c“. Da es sich um berühmte Kletterer handelt wurde ihrer Aufwertung statt gegeben.
Der zehnte Dave Graham: „Ich habe schon so viele 8c geklettert. Ich denke, die Route ist 8c“.
Vielleicht ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Route je länger, je schmieriger, je schwerer wird ?

Und hier alle bestätigten Begehungen von Ravage in der Übersicht (Stand 24.6.2002):
1. Antoine LeMenestrel (F) Juli 1986
2. Wenzel Vodicka (CSR) September 1986 (mit Spezialvariante)
3. Phillipe Steulet (CH) Februar 1990
4. Francois Legrand (F) August 1992
5. Elie Chevieux (CH) Juli 1994
6. Fred Nicole (CH) August 1996
7. Eric Talmadge (USA) Oktober 1997
8. Michael Schlotter (D) August 1999
9. Christian Frick (D/CH) April 2002
10.Dave Graham (USA) April 2002
und einige Fast- oder Knapp-Nicht-Begehungen (u.a. Martin Atkinson, David Villemine,u.a.)

Und hier nun ein Versuch zur ANALYSE DES SCHEITERNS an einer solchen Route…

Als diese Route 1986 zum ersten mal durchstiegen wurde, war sie wohl mehr als einfach nur die „schwerste Route der Welt“.
Sie zeichnete vor allem die Richtung in die Dimension jenseits des zehnten Grades vor, aber auch, dass mit einer erhöhten Anforderung an die Kletterei nicht einfach nur höhere Zahlen ausgeworfen werden. Denn eine Route wie Ravage vermittelte die Einsicht, dass die Auseinandersetzung eines - auf bestimmte Bewegungsmuster spezialisierten- Kletterers mit einer spezifisch auf ihn zugeschnittenen Kletterei neue Türen öffnen wird.
Man erkannte zudem recht schnell, dass die üblichen Komponenten von Kraft, Technik und Koordination ergänzt würden von einem noch ungeahnten Potenzial an psychologischen Fähigkeiten, mit welchen enorme Reserven an Motivation und Konzentration auf das Kletterproblem freigesetzt werden könnten. Dieses Potenzial zu entdecken wurde zur Aufgabe.
Die Persönlichkeit des Kletterers selbst rückte daher in den Mittelpunkt, die Fähigkeit sich je nach Charakter und Veranlagung den Ansprüchen einer solchen Kletterei zu stellen.
Die ganze Zeit der Dauer des Projektes vom ersten Ausbouldern der Züge bis zum erfolgreichen Durchstieg wird zur individuellen Auseinandersetzung.

Wie sonst lässt sich erklären, dass unter Limitrouten immer höchst merkwürdige Typen zu finden sind ?

Zum physischen Vermögen kommt eben unbedingt die Bereitschaft das Bewusstsein zu entwickeln, seine Persönlichkeit als Kletterer in ein stark forderndes Spannungsfeld von Leben mit und Erleben in der Route zu stellen.
Es ist eben ein Spiel, dass viel von sich selber fordert. Das auszuhalten kann schwierig, aber auch sehr bereichernd sein (wenn man bereit ist das Spiel voll einzugehen, was bedeutet, dass man auch verlieren kann).
Erst die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den eigenen Bedürfnissen (im täglichen Leben ganz allgemein: Alltag, Beruf, Familie, etc.) mit den Ansprüchen, welche die Kletterei stellt, schafft eine Basis, welche dieVisualisierung und Fokusierung aller Energien, sowie Reflexion des Erlebten, auf ein Ziel (Durchstieg) ermöglicht.
Das benötigt manchmal Zeit - Zeit in welcher ein Kletterer an seiner Persönlichkeit schleifen muss, bis sich die Synergie aller Faktoren und Komponenten einstellt um den ersehnten Umlenker sturzfrei zu erreichenen.
Dies vermittelte Ravage…Quatsch ?
Nicht unbedingt, denn dass diese Auffassung vom Klettern eine bestimmte Richtung in die Zukunft nehmen könnte bzw. bereits genommen hat, beweisen realisierte Projekte der letzten Zeit wie Eric Talmadges Schogun oder Chris Sharmas Realization. Stücke aus Fels, die seit der Auseinandersetzung dieser Persönlichkeiten unzertrennbar mit ihnen verknüpft sind. Es scheint aber im Nachhinein, dass diese Leute für sich etwas aus dem Erlebten herausgezogen und gelernt haben.

Auch heute noch kann man in Ravage viele gute Kletterer sehen, die ein hochgradig ausgebildetes Können mitbringen und dennoch scheitern, weil irgend eine Disbalance kein optimales Zusammenspiel der Fähigkeiten erlaubt. Uns sie kommen immer wieder, irgendwas sind die wohl schon am Suchen…
Das Scheitern liegt eben nicht immer an den „heute nicht optimalen Bedingungen, weil zu feucht, zu heiss, etc“…
Obwohl heute (2002) nach 16 Jahren ganz andere und schwerere Routen das Limit aufzeigen, bleibt Ravage deshalb trotz allem Anachronismus weiterhin ein Prüfstein eines Kletterers.

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MassivRavage
GebietChuenisberg
Ausrichtung
(ch.frick)
Norden
Absicherung
(ch.frick)
Gut
Schatten
(ch.frick)
Immer Schatten
Zwergentod
(ch.frick)
Nein
Neigung
(ch.frick)
Stark Überhängend
Anforderung
(ch.frick)
Maximalkraftausdauer
Lange Feucht
(ch.frick)
Ja
Keile erforderlich:
(ch.frick)
Nein
(Teilweise) Brüchig
(ch.frick)
Kein Bruch
Routenmanipulation
(ch.frick)
keine künstlichen Griffe/Tritte
Höhe
(ch.frick)
ca. 15 Meter
Charakter
(ch.frick)
Athletik
Fingerkraft
Technik
Tricky
Erstbegeher
(ch.frick)
Antoine LeMenestrel
Jahr der Erstbegehung
(ch.frick)
1986
Zugang