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Temps Difficile (Projekt) (8c+/9a)

 

Bisher 3 Kommentare zu "Temps Difficile (Projekt)"Hochgeladen von: ch.frick
27.10.2003 - juraclimberAdmin
genau...klettern ist keine alltagsflucht..es ist eher umgekehrt...einfach nur arbeiten gehen weil alle arbeiten -das ist schwach. wenn ich freak bin (klettern ja /arbeit? was schon wieder?) und dabei fröhlich nützt das meiner umwelt mehr als wenn ichals arbeiter X irgendwo meine stunden abhocke.
klettern = revolution sowieso!!!das system ist doch längst verkommen, kalt, menschenfeindlich, dekadent. break out!!! wer nicht dazugehört ist in! aber Achtung: nicht in der masse dabeizusein gefährdet Ihr selbstwertgefühl und drängt in die isolation.(Bitte fragen sie ihren Arzt oder Psychiater) mir sind menschen die versuchen sich selbst ernst zu nehmen und dabei etwas ungewohnt daherkommen tausendmal lieber als die an das system angeschlossenen(matrix) angepassten ordentlichen fuzzis. so!
14.01.2003 - wörniAdmin
Sehr lesenswert und aufschlussreich !
Wohin es die Leute so all verschlägt, und wie die Hintergründe sind. Interessant fänd ich auch diese kleine Geschichte in einem Gesamtzusammenhang - als veritable Chronik von bedarften und berufenen Chronisten...(die überhaupt nicht wissen, was sie mit ihrer freien Zeit anfangen sollen)..
03.12.2002 - ch.frickAdmin
Temps Difficile

Ein Projekt mit einer Geschichte

Links vom Klassiker Déjà in Soyhières zieht eine unglaubliche Linie mit dreizehn Bolts durch die dreissig Grad steile Wand. Siebzehn Jahre schon währt die Entstehungsgeschichte dieser Route im Klettergebiet Soyhières. Eine Rotpunktbegehung steht nach wie vor aus.
Ungeachtet des fehlenden Ergebnisses in sportlicher Hinsicht, sind mit diesem Projekt aber bereits Menschen mit ihren Geschichten verknüpft. In diesen Geschichten offenbaren sich nichtnur die Art, wie jene Menschen Einfluss auf ein Stück Fels genommen haben. Auch die Weise, wie sie ihr Leben in die Hand nehmen sowie ihr Handeln kommen darin zum Ausdruck. Aufschlussreich ist deren Erleben und Reagieren auf ihre Wünsche und Träume gegenüber dem Fels. Somit geraten die Geschichten zum Spiegel über ein Leben mit – aber auch ohne – der Leidenschaft Klettern.
Der folgende Text betrachtet die Psyche und inneren Auseinandersetzungen, wie sie spezifisch im Klettern auftreten können, jedoch ohne zu psychologisieren. Diese Betrachtung stellt also ein Kaleidoskop von Gedanken und Reflektionen über das Klettern dar. Als Quelle dient ein e-mail-Wechsel mit dem mittlerweile in Berlin lebenden Thomas Kraus. Bereits zu Beginn der Neunziger Jahre im letzten Jahrhundert realisierte er in einem Zeitraum von zwei Jahren fünf 8b+-Routen. Seinerzeit eine absolute Spitzenleistung, die durch die bescheidene Art von Thomas kaum bekannt geworden ist.
Über zehn Jahre hatten Thomas und ich nichts mehr voneinander gehört. Der erneute Kontakt kam zustand, nachdem ich einen Nachruf auf den im April 2002 verunglückten Phillipe Steulet geschrieben hatte. Dieser e-mail-Wechsel nahm sich derart interessant aus, dass sich eine Zusammenfassung lohnt.
Ein spannender Teil spricht die Gründe an, welche Thomas dazu veranlasst haben, im Jahre 1992 völlig abrupt mit dem Klettern aufzuhören. Gerade er, dem man eine unbändige Motivation attestierte und der für alle offensichtlich in der Lage war, seine Projekte mehr durch mentale Stärke als mit seiner verhältnismässig geringen Kraft zu lösen.
Von Phillipe Steulet eingebohrt und ursprünglich als eine potenzielle 8c gehandelt, stellte Temps Difficile Anfang der Neunziger Jahre eine absolute Herausforderung am obersten Limit dar. Thomas geriet bei seinen vielversprechenden Versuchen in so etwas wie einen Wettstreit mit Phillipe. Im Jahr 1992 kam es dazu, dass er erst ganz weit oben noch abfiel. Umso verwunderlicher war es für die damalige Szene, dass er so kurz vor dem Ziel des Durchstiegs einer solchen Route so plötzlich von der Bildfläche verschwand. Gab es doch auf der anderen Seite Kletterer, die gerne alles für diese Route gegeben hätten, zumal ein Durchstieg international beachtet worden wäre.
Temps Difficile hat seit dem Einbohren einen enormen Wandel erlebt. Im Sinne des Wortes mutierte die Route. Allmählich wurde sie gar zu einem 8c+/9a-Projekt. Ein allfälliger Durchstieg stellt nun eines der grössten Probleme im Basler Jura dar.
Diese Betrachtung zeigt letztendlich auf, dass Klettern – insbesondere an natürlichem Fels – durchaus das Potenzial in sich trägt, als Experimentier- und Beobachtungsfeld von individuellen Handlungen abseits der Alltagswelt zu dienen..

Christian Frick, Februar 2006

Der e-mail-Wechsel wurde zwischen mir und Thomas im Sommer 2002 geführt.

Lieber Christian
Habe soeben "durch Zufall" den Nachruf auf Phillipe gelesen und gehe davon aus, das Du ihn geschrieben hast (Anmerkung: Ediert auf www.climbing.de). Bin erschüttert!!! Habe ich doch die letzten 10 Jahre clean vom Klettern gelebt, aber doch von Zeit zu Zeit versucht, mir Infos über die Entwicklung zu beschaffen. Ich wäre Dir dankbar für Hinweise, über "sein" Lieblingsgebiet Soyhières (was auch meines war!!!). Wo befindetsich Temps difficile ? Was gibts dort für neue Entwicklungen? Was macht Tom Liemich ? Was ist Wesentliches in der letzten Dekade im Basler Jura geschehen?! Was hat Phillipe in den letzten Jahren gemacht und wie kams zu dem Unfall? Es wäre gut von Dir etwas darüber zu hören. Viele Grüsse aus dem fernen Berlin von jemandem den Du sicher nicht mehr erwartet hättest. Aber auch an all Jene, die noch ein gutes Gedächtnis haben von Thomas Kraus.

Salut Thomas
Kann man sich tatsächlich an den heutigen Kommunikationstechniken stören, wenn einem durch sie Stimmen erreichen, die man längst verschollen glaubte ?
Ja, leider gibt es immer wieder traurige Nachrichten. Immerhin kann ein Nachruf, wie derjenige auf Phillipe, durchaus etwas Tröstendes haben. Dieser aber vermittelt den Kontakt zu dir, den ich nicht erwartete hätte.
Es ist ausgesprochen interessant, dass du trotz des abrupten Abbruchs deiner Kletterkarriere, nach wie Interesse am Klettern zeigst. Zumindest scheint es mir wie eine Art Echo, ein Nachhall deiner ehemaligen Leidenschaft zu sein. Vielleicht ist es aber doch ein immerwährendes Glühen. Verzeih mir meine Mutmassungen, falls dies nicht der Fall sein sollte. Aber – vielleicht zu deinem Amusement - sorgt dein abrupter Abgang von der Kletterbühne noch heute für Diskussionen und Spekulationen.
Aus meiner eigenen Erfahrung bin ich immer davon ausgegangen, Klettern könne mehr als nur Sport und Leistung bieten. Es habe das Potenzial einen Lebensstil zu begründen. Danach habe ich mich zumindest gerichtet, weil ich darin immer etwas Bejahendes zum Leben gefunden habe. Mir wird dies gerade jetzt wieder bewusst, da ein uns gemeinsamer Freund über den äussersten Rand der Erfahrung von Leben und Tod getreten ist. […] C.

Lieber Christian
Tatsächlich, die 10 Kletterjahre waren für mich genial. Vor allem die letzten drei Jahre. Die schwerste jemals von mir gekletterte Route (fällt mir beim tippen gerade ein!) könnte nämlich Temps Difficile heissen. Insofern, als dass diese Route nicht sichtbar ist und nur in meiner Vorstellung (oder so ähnlich) lebt. Nämlich in dem seinerzeitigen Entschluss unmittelbar mit demjenigen aufzuhören, was bis zu diesem Moment das Wichtigste war – das Klettern. Für heute erstmal alles Gute und bin gespannt?! Thomas

Salut Thomas
Da schreibst du ja interessante Dinge. Da ich mich sehr für chronistische Ereignisse im Klettern interessiere, muss ich hier nachhaken. Es ist ganz richtig. Es handelt sich um die Route Temps Difficile. Du schreibst, du hättest sie seinerseitsgeklettert. Wenn es sich so verhält, wäre dies eines der bedeutendsten Ereignisse im Basler Jura. Nicht nur, weil diese Information über ein Jahrzehnt im Verborgenen geblieben wäre, sondern auch, weil wir uns eine andere Vorstellung von dem machen müssten, wie im Basler Jura geklettert wird. Davon aber später. Vielleicht interpretiere ich deinen Satz nur zu wörtlich.
Um der Sache auf den Grund zu gehen, möchte ich – sofern du dazu bereit bist - ein kleines Erinnerungsspiel spielen. Vorerst liefere ich dir ein paar Facts, weshalb wir, die es noch nicht geschafft haben, wie Du mit dem Klettern aufzuhören, bis anhin der Ansicht sind, die Route Temps Difficile sei noch jungfräulich. Hier also, was ich damals beobachtet habe. Zumindest erzähle ich diese Version denjenigen, die mich danach fragen, was es denn mit der Route auf sich habe:
Phillipe hat die Route von Anfang an als Temps Difficile bezeichnet. Sie befindet sich unmittelbar links von Déjà 8b+, welche du als erster in 9 Tagen wiederholt hast (was seinerzeit als schnelle Begehung galt. Bereits am 6. Tag misslang dir der Durchstieg nur deshalb, weil ganz oben ein Tritt ausbrach).
Phillipe richtete Temps Difficile als sein Projekt ein. Es war klar, dass die Linie nach einem Durchstieg eine neue Dimension darstellen würde. Phillipe glaubte nicht, dass ihm im Basler Jura jemand zuvor kommen würde. Geschweige denn, dass jemand diese Route überhaupt probieren würde, solange niemand im Stande war, die anderen Routen zu klettern. Dann kamst du, und hast sowohl Mines de rien 8b+ und danach auch Déjà 8b+ die jeweils erste Wiederholung eingefahren. Dann hast du noch einen Gang zugelegt, und Jusqu’au bout du monde 8b+ (heute 8b+/c !) erstbegangen. Den Routenname habe ich dir damals persönlich vorgeschlagen, weil du dich mit der Namensgebung so schwer getan hast. Nach dieser Trilogie hast du dich in Temps Difficile begeben. Mit der Erfahrung und dem Können aus den bisherigen Routen hast du darin schnell Fortschritte gemacht. Phillipe war aufgrund deiner steigenden Formkurve nicht sonderlich erbaut. Ich erinnere deinen besten Versuch. Du bist knapp an den letzten Bolt geklettert, hattest also 10/11-tel der Route bereits durchstiegen. Damals sprachst du von der Route so: Der untere Teil sei 8b und biete die Crux an einer Seitschuppe rechte Hand. Danach würde einem ein guter Rest erwarten. Der obere Teil über Sloper und Seitgriffe sei isoliert 8a+.
Dann folgten weniger schöne Szenen: Phillipe entfernte die Zwischenhaken mit den Plättchen und liess nur die goldenen, geklebten Haken übrig. Unbeabsichtigterweise bedeutete das für ihn aber das Aus, weil er nach einer längeren Zwangspause wegen Fingerproblemen nicht mehr alle Züge konnte. Da die Runouts weit geworden waren, sah er deshalb leider nicht mehr gut in der Route aus. Was da genau zwischen euch abgelaufen ist, weiss keiner. Es war auch nicht klar, ob Phillipe dir die Route zum Durchstieg überhaupt freigegeben hatte.
Und hier Spekulatioen, die wir schon angestellt haben, weshalb du mit Klettern aufgehört haben könntest (wohl abgesehen, dass da noch eine Frau im Spiel gewesen sein muss - deine heute dir Angetraute…?). Es gibt dabei Ungereimtheiten, da ich die Reihenfolge nicht mehr korrekt erinnern kann:
Nach deinem höchsten erreichten Punkt gab es eine längere Pause (war es nicht im Winter? Hattest du auch nicht manchmal schmerzende Ellenbogen?) und das Ende deiner Extremkletterkarriere zeichnete sich ab - aus irgend einem von aussen nicht sichtbaren Grund war der Biss weg. Das habe ich persönlich aber nicht mehr mitbekommen. Das letzte, dass ich noch hörte, war, du hättest Temps Difficile doch noch einmal probiert und trotz mehrer Monate Absenz wieder sehr gut darin ausgesehen.j Du sollst dich selbst gefragt haben, ob du weiter probieren sollst oder nicht. Und plötzlich hast du als verzogen gegolten. Aber irgend eine Begebenheit scheint doch noch vorgefallen zu sein, das dir die Freude am Klettern vergrault haben könnte. Ursprünglich als 8c gehandelt, kann man mittlerweile von einem 8c+/9a-Projekt lesen. Das Gerücht geht um, Phillipe habe nicht nur die Zwischenhaken entfernt, sondern aufgrund der weiteren guten Versuche von dir, dann auch noch den Seitgriff an der Schlüsselstelle abgeschlagen sowie den Rastpunkt in Routenmitte zubetoniert. Hier erhält die Geschichte eine unangenehme Dimension, da Phillipe nun nichts mehr dazu sagen kann und wir es zu Lebzeiten verpasst haben ihn danach zu fragen.
Das ist die Story der Route. Deshalb glauben wir bis heute, die Route sei nicht geklettert worden. Kannst du Abhilfe schaffen? Weisst du Bescheid, was wirklich geschehen ist? Ob du die Route doch noch geklettert hast? Und wenn Ja, wer dabei gewesen war und weshalb dieser/diese nie davon erzählt hat?, Schreibe bitte was du denkst. Ich bin gespannt.
Mit Temps Difficile ging es aber weiter: Eines Tages kam Phillipe wieder und betätigte sich mit der Bohrmaschine als Bildhauer in der Crux des unteren Teils. Dabei kam so etwas wie eine Kopie des Seitgriffs heraus. Gemäss derjenigen, die mal ein Blick in das Projekt warfen, schmerzhaft und scharf. Nach seiner Fingeroperation versuchte Phillipe wieder. Leider kam er nie wirklich über diese Stelle, wenn er durchsteigen wollte. Wohl als Einzelzug aus dem Hängen (vergl. auch Shockwave-Video unter www.grimpe.ch . Jedoch ist in diesem nicht ersichtlich, welche Ausgangposition Phillipe für den Zug einnimmt).
Seit Eric Talmadge Shogun realisiert hat, ist Temps Difficile neben einem Projekt im Chuenisberg, sein erklärtes Ziel. Eric hat eine Variante ausgebouldert, die ohne den künstlichen Seitgriff möglich ist (Pervers, glaube mir !). Dies ist der Grund für den potenziellen Grad 8c+/9a. Eric hat zudem die Absicht geäussert, den künstlichen Griff mit Sika zu schliessen.
Ich bin gespannt auf deine Antwort und kann mir vorstellen, dass dich diese Geschichte trotz deiner Absenz vom Klettern wohl nicht unberührt lässt. C.

Lieber Christian
Danke für das ausführliche Mail. Zum Glück gibt´s noch Menschen mit ´nem besseren Gedächtnis. Oder einer schlechteren Verdrängungsfähigkeit wie mich, damit ältere Herrschaften Hinweise aus ihrem früheren Leben erhalten können. Zum Thema Temps difficile liegt der Fall so: Die Route hat für mich (vor allem nach dem diesjährigen Osterereignis Vermächtnischarakter). Es war die schönste und schwerste Route; ein wunderbares Projekt. Als ich es 1992 probierte, war es ohne künstliche Eingriffe. Ich hatte Phillipe gefragt, ob er etwas dagegen habe, dass ich es probieren würde. Er hat dies ausdrücklich verneint. Dann kam ein Herbsttag, an demich ziemlich weit oben abgeklatscht bin. Ich war sicher, es sei nur noch eine Frage der Versuche und dann wäre sie fällig. Diese und Ravage waren die beiden Jahresprojekte. Die wurden allerdings durch die Regen- und Winterzeit unterbrochen. Das Jahr 1992war für mich in vielen Bereichen ein absolut schwieriges Jahr (Temps difficile!!!), während dem sich Vieles in Frage stellte und meine innere Power fürs Klettern ziemlich reduzierte. Deshalb konnte ich u.a. die beiden o.g. Projekte leider nicht mehr realisieren. Im Frühling 1993 bin ich dann nochmals nach Soyhières gefahren. Ich war aber schon durch den Winter und die Änderung in meiner Biographie ziemlich angeschlagen und habe, glaube ich, einmal versucht in Temps difficile zu landen. Mittlerweile hatte Philippe den Rastgriff verkleinert und auch die Laschen rausgenommen, so weit ich erinnere. So war dann eine Durchsteigung überhaupt nicht mehr möglich. Zudem waren grosse Flächen „winternass“. Eigentlich war ich 1993 nicht mehr richtig klettern. Dann haben ich mich auch durch die Erlebnisse in Soyhières (künstliche Veränderung der Route und ständige Nässe) innerlich zu fragen begonnen. Schliesslich kam dann das, was ich als das "Klettern einer unsichtbaren Route in den schwierigsten Zeiten" beschreiben möchte: Nämlich ein echtes Opfer zu begehen.
Ich wusste, wenn ich 1992 ein psychisch stabileres Jahr und einen länger trockeneren Herbst gehabt hätte, wären Ravage und Temps difficile wahrscheinlich geschafft worden. Bis zum Sturzpunkt in Temps difficile gekletter, war es meine schwierigste Route. Nun kam für mich die persönliche Vollendung. Temps difficile wäre ziemlich sicher machbar gewesen (unter den unmanipulierten Umständen. Wobei das Abschlagen der Seitschuppe noch nicht geschehen war ?!).
Ichgab mir selbst ein schwierigeres Projekt. Dieses Projekt lautete ab diesem Zeitpunkt der Entscheidung, meinen damaligen Lebensinhalt das Klettern gewissermassen zu opfern und abzuwarten, ob dies überhaupt möglich wäre. Da dies gelang, habe ich die für mich schwierigste unsichtbare Route "geklettert". Ich denke, es hat mich mehr gekostet, als wenn irgendwann einmal der Durchstieg von Temps difficile auf die ursprüngliche Variante gelungen wäre.
Na, damit war das 10-jährige Klettererlebnis erledigt. Wobei eigentlich nur die letzten drei Jahre wirklich interessant und bedingt erfolgreich waren. Ich bin 1993 kurz vor dem Sommer aus Gempen weggezogen. Ich habe geheiratet und bin mit meiner Frau im Herbst desselben Jahres ins Zentrum von Frankreich gezogen. Phantastische Gegend: Flach und voller Landwirtschaft. Keinerlei Felsen oder Berge. Uraltes kleines Häuschen ohne Heizung. Winterzeit, und eine fast ununterbrochene 9 monatige Regenphase. Also zusammengefasst ein absolut kalter Entzug! Es kommt noch besser: 1994 bin ich dann in die deutsche Hauptstadt gezogen um das Eurythmiestudium meiner Frau zu ermöglichen Also vom Dorf in die Grossstadt! Dort wollte ich natürlich nie hin und so schnell wie möglich wieder weg. Zu Anfang habe ich neben meiner beruflichen Tätigkeit in einem Wohnheim für Menschen mit geistiger Behinderung Sozialpädagogik studiert (für die Urkunde!) und habe mich mittlerweile im Stadtzentrum etabliert und einige neue Projekte im sozialen Bereich angenommen.
Dann kam dein Nachruf, und in der Folge der Gedanke, mit dir Kontakt aufzunehmen. Sofort kommt der Name Temps difficile ins Spiel. Ich war mir nicht sicher, ob es sich um die Route handelt. Wohl aber ahnte ich dies. Interessanterweise kennt der Chroniker tatsächlich die Routensammlung meinerseits besser als ich, was mir die Beschreibung meiner Begehung von Déjà zeigt. Das rieselte mir aber erst nach deinem Brief wieder in die senile Rübe. Der erste Tag nach deiner Beschreibung verursachte ziemliche Nostalgia. Aber alles ist ja schon so lange her... Nun hoffe ich, dass sich das Missverständnis um Temps difficile, bzw. um den Inhalt meines letzen Briefes, aufgeklärt hat. Thomas

Salut Thomas
Ich habe unseren e-mail-Wechsel ausserordentlich interessant gefunden. Denn nun lässt erzur eigenen Meinungsbildung mehr Spielraum. Nicht nur für mich, sondern auch für andere. Ebenso finde ich deine Ansichten über deine eigene Entscheidung und die Erlebnisse deines härtesten Projekts bemerkenswert.

Lieber Christian

Gehe ich recht inder Annahme, dass derzeit Jusque... die schwierigste Route in Soyhieres ist, wer hat sie denn oder wurde sie überhaupt versucht? Ist es so dass die ursprüngliche natürliche Temps difficile derzeit nicht mehr kletterbar ist, weil alle Projekte irgendwie von der ursprünglichen Variante abweichen?

Hallo Thomas
Die wichtigste Neuigkeit ist sicherlich diejenige, dass Eric den künstlich aufgebohrten Griff mit Sika geschlossen hat. Somit lässt sich sagen, die Route als solche sei wieder völlig natürlich. Allerdings mit der Einschränkung, dass sie auf künstlichem Wege zu einer superharten, natürlichen Kletterei mutiert ist. Die Bewertung von 8c+/9a könnte dabei realistisch sein. Sieht man noch auf dem Slideshowvideo von Phillipe, wie er den Cruxzug zieht (rechts gehalten, mit links gezogen), so ist dieser Zug nicht mehr existent. Eric hat eine Microleiste für die rechte Hand gefunden, die es ihm erlaubt, fusstechnisch heikle und für die Leistenbeweglichkeit akrobatische Manöver zu machen. Danach hält man einen fiesen Seitgriff linke Hand und muss mit der rechten Hand dorthin ziehen, wo ursprünglich die linke Hand gelandet ist. Dieser Boulder ist wesentlich schwieriger als die Originalvariante. Der fehlende Rastpunkt danach tut dann für die Ausdauer ihr übriges.
Aus der benachbarte Déjà hatte ich kürzlich Gelegenheit, in Temps Difficile rüber zu schauen. Nun lässt sich feststellen, dass die Ladung Zement, die dafür verwendet worden ist um den Rastpunkt zu verunmöglichen, schon reichlich unverhältnismässig. Jetzt aber herzugehen und diesen Betonfladen aufzuspitzen ist sicher auch keine Lösung, weil niemand mehr weiss, wie gross der Griff wirklich war und ausserdem würde jede Aktion mit Meissel dem Fels mehr schaden als nützen. Eric hatte vor, die Route möglichst noch diesen Herbst zu klettern. Die abnormale Nässe dieses Jahr hat das aber verhindert. Soyhières sieht gerade mehr wie eine Sumpf aus. Temps Difficile möchte Eric gerne Phillipe widmen und nach erfolgreichem Durchstieg umbenennen. So nimmt die Geschichte der Route ihren Lauf und wird mehr und mehr zum Mythos noch vor der Erstbegehung....

Jetzt muss ich zum Abschluss noch ein paar Gedanken los werden.

Es ist eindrucksvoll, wie ein Stück Fels das Interesse fesseln kann. Ja, wie die Beschäftigung mit einer toten Materie so lebendig sein kann. Mit diesem Gedanken erscheint der Fels wie ein Speicher von Emotionen und Handlungen der Kletterer. Die Routen erhalten durch das Verhalten der Kletterer so etwas wie ihre Form. Die Geschichten um eine Route begründen den Ruf einer Kletterei. Die Qualität einer Kletterei setzt sich demnach nicht allein nur durch den Charakter ihrer Züge und des Fels zusammen, sondern wird auch bestimmt durch ihre Geschichte.
Die Masse Fels hat für sich alleine genommen nur wenig Bedeutung. Jedoch haben wir die Möglichkeit, etwas daraus zu machen. Diese Möglichkeiten können vielfältig sein. Klettern zum Beispiel kann eine solche sein. Allein schon, weil es sich hierbei um eine natürliche Form der Bewegung handelt. Was aus der Masse Fels an Kletterei gewonnen wird, hängt aber entscheidend von der Kreativität des Kletterers ab, der die Möglichkeit entdeckt.
Linienführung, Wahl der Absicherung und das Lösen des Kletterproblems können zwar nicht beliebig sein. Hier gibt es Grenzen. Jedoch werden diese Parameter innerhalb des Kreativpotenzials des Kletterers variiert und erhalten individuelle Prägungen. Kein Kletterer würde die gleiche Route wie eine anderer einrichten oder klettern. Selbst zwingende Züge werden dennoch nur entsprechend den Fähigkeiten eines Kletterers gelöst. Somit hat Klettern das Potenzial zur Bewegungskunst. Routen oder Boulder können zum Kunstwerk werden. Ob dieses manipuliert wird, ist eine heikle Frage, die schon zu viel Polemik geführt hat.
Temps Difficile in Soyhières ist ein gutes Beispiel, wie sich verschiedene Leute ganz unterschiedlich in einer Route verhalten und damit umgehen. Festzuhalten ist, dass Klettern abseits des Alltages geschieht und breit gefächert ist. Wesentlich ist, dass damit ein Experimentierfeld geboten wird, in welchem sich Menschen individuell entwickeln und ausdrücken können. Insofern muss Klettern gemäss dem Terray’schen Satz immer mit dem Nutzlosen verbunden sein. Erst dann bleibt es neutral und bietet eine Plattform, die ein solches Experimentieren erst ermöglicht. Glaubwürdig wird dies nur dann, solange es frei von Vorgaben oder gar einer Instrumentalisierung durch ein System ist. Daher ist Klettern wohl eine rein ideelle Auseinandersetzung mit individuellen Inhalten und bleibt eine idealistische Angelegenheit. Durchaus aber mehr, als nur eine billige Alltagsflucht, solange darüber reflektiert wird. Manche, die das Klettern nicht kennen, behaupten, eine solcher Beweis sei erst noch zu erbringen. Dass überhaupt solche Zweifel geäussert werden, dürfte eigentlich keinen Kletterer ruhig sitzen lassen...

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GebietSoyhieres (La Fenatte)
Ausrichtung
(ch.frick)
Süden
Absicherung
(ch.frick)
Vorbildlich
Schatten
(ch.frick)
Nachmittags Schatten
Zwergentod
(ch.frick)
Ja
Neigung
(ch.frick)
Stark Überhängend
Anforderung
(ch.frick)
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Lange Feucht
(ch.frick)
Ja
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(ch.frick)
Nein
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(ch.frick)
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Routenmanipulation
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Höhe
(ch.frick)
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(ch.frick)
Athletik
Fingerkraft
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